
Ich habe – verrückt wie ich nun einmal bin – am 26. September 2019 einfach bei einem Gewinnspiel auf Instagram mitgemacht, ohne wirklich daran zu glauben, eine Chance auf den Gewinn zu haben: Dort verloste die Fitnessstudio-Kette „Flexx Fitness“ Wildcards für jeweils zwei Starter zum Fisherman’s Friend Strongmanrun am Fühlinger See in Köln, der am 28. September 2019 – also zwei Tage später – stattfand.
Ihr dürft jetzt raten, wie es ausging – ich habe tatsächlich gewonnen!!!
Begleitet wurde ich auch dieses Mal, wie schon beim Schwebebahnlauf, vom Fotografen Matthias Sandau, der das Projekt „Simply me!“ ins Leben gerufen hat. Er hatte kurzfristig Zeit und ist extra den weiten Weg aus Bad Reichenhall nach Köln gekommen.
An eine Vorbereitung war in der Kürze der Zeit nicht zu denken. Doch das war vielleicht auch gut, denn so konnte ich – ohne mir einen Kopf zu machen – an die Sache herangehen. Der Schwebebahnlauf hat dazu beigetragen, auch weiterhin über meine Grenzen hinauszugehen. Die 5 km waren sozusagen nur zum Warmlaufen gedacht…
Pünktlich um 8.30 Uhr starteten wir in Sportklamotten Richtung Köln. Im Gepäck befand sich neben trockner Wäsche, Schuhe und Handtücher dieses Mal auch etwas gegen meinen Unterzucker. Bei großer körperlicher Anstrengung gerate ich leider sehr schnell in diesen Bereich.
Start über die 10-Kilometer-Strecke am Fühlinger See
Am Ziel angekommen hieß es für uns, unsere Startunterlagen abzuholen und sich mit der Crew von Flexx Fitness zu treffen. Unser Lauf über den Strong10 – 10 km durch unwegsames Gelände und Hindernisse – startete erst mittags. Die Anspannung und die Nervosität stiegen von Minute zu Minute immer mehr an.
Mittlerweile hatte auch der Moderator der Veranstaltung Wind davon bekommen, dass ich als amputierte Läuferin auf die Strecke wollte, was ihn dazu veranlasste, spontan vor Tausenden von Menschen ein kurzes Interview mit mir zuführen. So richtig wohl war mir dabei nicht… – auch wenn man mir das wahrscheinlich nicht abnimmt.
Zu meiner Freude lernte ich an diesem Tag einen besonderen Menschen kennen: Josef Riefert, der sich seit vielen Jahren für Inklusion bei ganz unterschiedlichen sportlichen Events einsetzt. Oft ist er – als Clown verkleidet – selbst mit auf der Strecke. Sofort war Vertrautheit da, wir kamen ins Gespräch, mit dem Resultat, dass wir eine Zusammenarbeit auf ehrenamtlicher Basis planen. Dank ihm startete ich mit Tausenden von Mitläufern im Rücken nach einem Warm Up pünktlich um 13.00 Uhr.
Das Feld riss sehr schnell auseinander.
Doch Zweifel über meine Entscheidung kamen dieses Mal nicht auf…
Über die Hindernisse trotz Gehstützen
Ich stand so unter Adrenalin, um solch einen krassen Lauf als einzige Amputierte auf Unterarmgehstützen durchzuziehen. Schmerzen in den Händen machten sich schnell bemerkbar, was aber dem Willen, es zu schaffen, keinen Abbruch tat.
Die Strecke führte uns erst ein ganzes Stück über den Rundweg am Fühlinger See entlang, bevor es über das erste von 16 Hindernissen ging.

Für mich waren die Hindernisse und Wege teilweise mehr als beschwerlich. Jedoch muss ich den Organisatoren und Sicherheitsleuten ein ganz großes Lob aussprechen: Alle waren informiert, dass ich mich auf der Strecke befinde, und sie hatten die Anweisung, mir ein Hindernis zu untersagen, sobald ich mich dabei in Gefahr begeben würde. Tatsächlich habe ich nur fünf Hindernisse nicht bewältigen können.
Auch bin ich von der Hilfe und den sehr aufbauenden Worten der anderen Mitläufer mehr als angetan: Dieses Gefühl, ganz normal auch bei einem solchen Event dazuzugehören, findet man äußerst selten. Und manch ein Hindernis konnte ich nur mit gemeinsamer Unterstützung durch andere überwinden, zum Beispiel die 7 Meter hohe Slide.

Was mich aber richtig glücklich stimmt, ist die Tatsache, dass ich trotz meines Handicaps mit meiner Zeit von 2:51:39 h nicht als Letzte die Ziellinie überschritten habe. Nach mir sind noch einige Läuferinnen und Läufer ins Ziel gekommen.
Mein Ziel: Mehr Akzeptanz für Menschen mit Handicap in der Gesellschaft
Für mich zeigen solche Events, dass man trotz eines Handicaps von der Gesellschaft akzeptiert werden kann. Leider mache ich aber diese Erfahrung bisher nur auf der sportlichen Ebene. Ich hoffe, dass ich mit der Teilnahme an diesen Veranstaltungen ein Umdenken bewirken kann – auch wenn es dafür Zeit braucht.
Für das Jahr 2020 plane ich mit Josef Riefert das nächste Event: Ich möchte im Herbst 2020 am Köln Marathon in einer Inklusionsstaffel mit weiteren gehandicapten Läufern teilnehmen. Mein Ziel ist es, bis dahin eine Sportprothese zu haben.
Etwas ganz Spannendes anderer Art erwartet mich am 10. Oktober 2019: Da stehe ich als Motivationstrainerin am Sonderpädagogischen Förderzentrum St. Zeno in Bad Reichenhall vor mehreren Schülern und halte einen Vortrag darüber, was mich dazu veranlasst, trotz aller Rückschläge nie aufzugeben und immer mehr als 100% zu geben. Wie es mir ergangen ist und ob es ein Erfolg war, werde ich in meinem nächsten Beitrag berichten.
Vielleicht möchte ja der ein oder andere einen Kommentar da lassen und mir berichten, wie er/sie sich immer wieder aufs Neue motiviert.