Der Countdown zur Hüftexartikulation hat begonnen…
Mittwoch, 20. Jänner 2020
Nächste Woche, am Dienstag, dem 26. Jänner 2020, beziehe ich mein Zimmer im Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz, um mich einer Hüftexartikulation zu unterziehen. Aber dazu später mehr.
Warum ich mich einer solch einschneidenden Operation unterziehen muss, werde ich euch in meinem Krankenhaus-Tagebuch erzählen.
Als ich mich vor zwei Jahren – um fast genau die selbe Zeit – meiner vierten Amputation unterzogen habe, habe ich von einem Urlaub gesprochen, verbindet man doch damit etwas Positives und Schönes. Dieses Mal kann ich davon nicht reden.
Wir befinden uns inmitten einer Pandemie: man wird in seinem Leben eingeschränkt, Freiheiten werden einem genommen, Besuche in der Klinik dürfen nicht stattfinden – also hat das für mich nichts mit einem Urlaub zu tun.
Selbstverständlich werde ich auch jetzt wieder versuchen, zu Kräften zu kommen, um dann wieder in den Alltag zurückzukehren. Momentan versuche ich mich mit Lesen und Spaziergängen im Schnee abzulenken.
Genauso gibt es aber auch Tage wo ich meine Gefühle nicht verdrängen kann, mir meine Psyche einen Streich spielt. Solch ein Tag war am vergangenen Sonntag. Jedes Gespräch, das meine Krankheit betraf, wurde für mich zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Es reichte die kleinste Kleinigkeit aus, dass bei mir die Tränen anfingen zu laufen. Je näher der Termin rückt, umso mehr denkt man nach. Was aber auch völlig normal ist.
Ja, auch ich bin jemand, der seine schwachen Momente hat. Aber Schwäche zu zeigen hat auch etwas von Stärke…
Aber was erwartet mich?
Wie wird die weitere Versorgung ablaufen?
Kann ich meinem geliebten Sport, dem Laufen wieder nachgehen?
Fragen über Fragen…
Doch irgendwann meldet sich meine innere Stimme und sagt: „Egal, du reißt dich jetzt zusammen! Du packst das schon, du hast schon soviel geschafft!„
Zu Anfang habe ich euch ja geschrieben, dass ich mich noch näher zu dem Thema „Hüftexartikulation“ äußere. Hier ein paar Infos dazu:
Was genau ist eine Hüftexartikulation und was bedeutet das für den Betroffenen?
Bei einer Hüftexartikulation wird das gesamte Bein durch eine Exartikulation – so bezeichnet man die operative Abtrennung eines Gliedes im Gelenk – im Hüftgelenk amputiert. Dabei wird der Hüftkopf, das obere Ende des Oberschenkelknochens, aus der Hüftpfanne im Beckenknochen entfernt. Das Becken und das Sitzbein bleiben in der Regel erhalten. Notwendig ist eine Hüftexartikulation meist bei Tumoren, schweren Traumata und Infekten. Eine solche Form der Amputation stellt die prothetische Versorgung vor eine große Herausforderung – normalerweise wird eine Beinprothese nämlich vom Unter- oder Oberschenkelstumpf des Anwenders gesteuert. Im Falle einer Hüftexartikulation dagegen ist kein entsprechender Stumpf vorhanden. Die Steuerung muss ausschließlich über das Becken geschehen. Diese besondere Situation macht die Anfertigung einer Hüftexartikulationsprothese (auch Hüftex-Prothese oder Beckenkorbprothese) zu einem absoluten Spezialgebiet in der Beinprothetik, das ein hohes Maß an Know-How und Expertise verlangt.
Wie genau meine Versorgung ablaufen wird, kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Es gibt mittlerweile mehrere Möglichkeiten, einen Beckenkorb zu bauen, der annähernd etwas Komfort bietet. Ebenso gibt es verschiedene Hüftgelenke, die zum Einsatz kommen können. Ich habe mich bereits zu diesem Zeitpunkt mit meinem Techniker zusammen gesetzt, um zu überlegen, wie es weitergeht. Bei einem Gespräch konnte er mir zusichern, dass wir Össur, den Hersteller meiner bisher genutzen Prothesenkomponenten, mit ins Boot holen werden, um für mich die bestmögliche Versorgung zu machen, damit ich auch weiterhin sportlich aktiv bleiben kann. Bei all der ganzen Aufregung und Anspannung die herrscht, vergesse und verliere ich nicht meine geplanten Ziele vor Augen.
Meinen ersten Lauf habe ich bereits wieder für April geplant. Ich laufe als Botschafterin beim „Laufen gegen Krebs“, organisiert vom Niederösterreichischen Frauenlauf, mit. Weitere sportliche Events sind in Planung. Da es ja mit meiner geplanten Sportprothese wohl nicht klappen wird, wird das bereits gesammelte Geld für den Kauf eines Liegerades eingesetzt. Über Spenden dazu auf meinen PayPal MoneyPool freue ich mich sehr.
Jetzt werde ich die nächsten Tage noch dazu nutzen, um Kräfte zu sammeln und etwas die Sonnenstrahlen einzufangen.
Hier geht es dann weiter, sobald ich im Krankenhaus bin. Also bleibt alle gesund.
Wie immer würde ich mich über einen Kommentar von euch freuen.
Liebe Sigrun, trotz der Tragik wunderschön geschrieben; ich drücke Dir die Daumen, dass alles im Rahmen des Möglichen gut wird. Meine Gedanken sind bei Dir! Liebe Grüße Markus
Hallo Markus,
Ja das hoffe ich auch. Werde euch an meinem Klinikaufenthalt teilhaben lassen. Wie eine Art Tagebuch
Liebe Sigrun,
Das was du aktuell durchmachen musst, können die meisten Menschen gar nicht nachvollziehen. Auch ich kann es nicht annähernd erahnen.
Ich drücke dich virtuell ganz fest aus der fernen Schweiz. Sobald es wieder möglich ist, werde ich das physische Umarmen nachholen, wenn du das möchtest.
Ich wünsche Dir alles Gute für die Operation. Du wirst das Aufstehen wieder einmal schaffen, du bist stark. Dein Umfeld ist gut und sie werden dich so unterstützen wie du es brauchst.
😍🤗💋💪
Ich drücke dir ganz, ganz fest die Daumen, dass alles gut verläuft und ich bald wieder deine sportlichen Leistungen fotografisch dokumentieren darf.
Alles Liebe Monika
Hallo Moni,
ich danke dir hier an dieser Stelle für deine netten Worte und Genesungswünsche.
LG
Sigurn, ich habe gerade gelesen, dass Sie eine höhere Amputation an der Hüfte haben werden. Ich sende meine besten Wünsche für eine baldige Genesung und weiß, dass Sie alles Leben wieder erobern und zurückgewinnen werden. Es tut mir leid, dass dies nötig ist. Du bist lebendig, schön und inspirierend. Bitte ruhen Sie sich aus und erholen Sie sich schnell. Meine besten Wünsche, Peter
Hallo Peter,
ich werde wie immer mein bestes geben. Ab nächste Woche erscheint hier dann mein Krankenhaus Tagebuch
LG
Hallo Sigrun,
das hört sich alles – gerade nach den letzten Jahren – nicht so schön an, gerade auch in dieser Zeit. Aber ich bewundere deine Einstellung und deinen Optimismus. Damit wirst du auch diese Herausforderung annehmen und das beste daraus machen. Es wird bestimmt alles etwas anders – vielleicht auch schwerer – werden, aber du packst das. Mit deiner Ausstrahhung und deinem Lebenswillen bist du ein Vorbild für andere. So wie du dich motivieren kannst, kannst du auch viele andere ähnlich Betroffene motivieren. Nicht jede/r geht damit so offen um wie du.
Und wenn das private Umfeld auch noch passt, wird alles gut werden. Ich wünsche es dir!
Ich werde deinem Blog mit Interesse folgen.
Alles Gute und Kopf hoch 🙂
LG
Helmut
Hallo Helmut,
ich danke dir für die aufbauenden Worte. Mich freut es zu sehen, wenn meine Beiträge und meine Motivation anderen hilft.
LG
Hallo Sigrun,
von den Starken und „Leadern“ erwartet man immer Stärke und Durchhaltevermögen. Aber irgendwoher muss die Kraft ja kommen?!
Ich hoffe , dass Du trotz Sorge und Ungewissheit die neue sicher einschneidende Lebensherausforderung annehmen kannst( neue Prothesenversorgung und bei Deiner Aktivität sicher Weiterentwicklung !)
und dass Du bald die Krankenhäuser nur noch von außen siehst.
🤞dass Du alles gut überstehst.
Herzliche Grüße