Donnerstag, 28. Jänner 2021
Die Nacht war die absolute Hölle. Leider war die PDA nicht richtig gesetzt worden, die Betäubung ging in meinen Bauch und mein linkes Bein – also nicht das, was man sich vorgestellt hat. Somit war eigentlich klar, dass die PDA gezogen werden muss. Um mich so einigermaßen schmerzfrei zu bekommen, wurde der Schmerzdienst zur Hilfe gerufen. Ab sofort hatte ich eine Schmerzpumpe am rechten Arm liegen, die mir intravenös ein Morphinpräparat gab. Außerdem bekam ich ein weiteres Opiat und THC in Tropfenform.
Damit bin ich so einigermaßen klar gekommen.
Viel mehr gibt es über diesen Tag nicht zu berichten…
Freitag, 29. Jänner 2021
Die Nacht gestaltete sich wie die Nacht davor – an Schlaf war nicht zu denken. Wenn ich glaubte, so einigermaßen schmerzfrei zu sein, überrollte mich auch schon die nächste Welle. An dieser Stelle muss ich einmal auch ein Lob an das Pflegepersonal los werden: Ich habe nicht ein Mal das Gefühl gehabt, nicht ernst genommen zu werden. Immer hatten sie ein offenes Ohr, waren einfühlsam und liebevoll. Man kann zwar sagen, so sollte es sein – aber wenn man bedenkt, welchem Druck und Stress das Personal tagtäglich ausgesetzt ist, so finde ich das mehr als lobenswert!
Am Morgen wurde bei der Visite der Wundwasserschlauch gezogen. Ab jetzt konnte ich vorsichtig mobilisiert werden: kein Waschen mehr im Bett und endlich auf die normale Toilette gehen…
Im Laufe des Tages hatte ich mein erstes Treffen mit zwei Physiotherapeuten. Ich musste mich das erste Mal neben das Bett stellen, um langsam den Kreislauf in Gang zu bringen. Mein Blutdruck war so ziemlich im Keller – ein Wert um die 100/60 bzw. 90/55 war bei mir normal. Aber besser mit Vorsicht herangehen, als zu hastig.

Das Schönste an diesem Tag war, dass ich trotz Covid19 Besuch empfangen durfte. Aufgrund meiner Vorgeschichte und der doch enormen psychischen Belastung hat mein Operateur sein Einverständnis gegeben, selbstverständlich auch mit Rücksprache der Stationsleitung. Es musste lediglich ein negativer Covid19-Test vorgewiesen werden.
Es war an diesem Tag die schönste Stunde, auch wenn ich noch sehr angeschlagen war.
Sonntag, 31. Jänner 2021 – unser Jahrestag
Was hatte ich mich auf diesen Tag gefreut…
Eigentlich war dieser Tag ganz anders geplant, doch auf Grund von Covid19 und der Operation konnte man es nicht ändern. Zu meiner Freude kam aber am Morgen die Schwester und meinte: „Dann wollen wir sie mal schick machen…“
Ich bekam die Haare im Bett gewaschen. Ein mobiles Waschbecken wurde an das Kopfende gestellt, wie in einem Friseursalon. Ich kann euch nicht sagen, was das für ein herrliches Gefühl war: frisch gewaschene Haare. Den restlichen Vormittag passierte nichts weltbewegendes: Mobilisation am Bett, Lymphdrainage und viel schlafen, bevor ich dann am Nachmittag Besuch empfangen durfte. Sogar ein kleines Gläschen Sekt wurde mir erlaubt.
Ein Jahrestag der etwas anderen Art…
Aber er wird definitiv nachgeholt, jetzt ist erst einmal die Gesundheit wichtig!
Montag, 01. Februar 2021
Der morgendliche Ablauf gestaltete sich wie immer, außer das ich mich ab sofort im Bad allein fertig machen durfte. Es ist doch etwas anderes, sich am Waschbecken zu waschen als im Bett. Zur Sicherheit war aber immer eine Schwester in meiner Nähe.
Dieser Tag hatte aber noch einen Höhepunkt für mich geplant: Ich sollte komplett mobilisiert werden, also nicht nur am Bett. Es ging für mich in Begleitung zweier Therapeuten auf den Stationsflur, um dort ein paar Schritte zu gehen.
Ein unbeschreibliches Gefühl, aber auch eine psychische Belastung für mich.
Wie nehmen mich andere Patienten war?
Was denken sie?
Fragen, die mir eigentlich egal sein sollten, aber ich bin nun einmal jemand, der sich immer einen Kopf macht, was andere denken könnten. Dank meiner beiden Therapeuten verflog aber dieses Gefühl sehr rasch. Wir unterhielten uns über meine gesteckten Ziele für dieses Jahr. Worin sich beide definitiv einig waren, war, dass ich nur Dank meiner Fitness bereits in der Lage war, den ganzen Flur entlang zu gehen.

Nach diesem kurzen Ausflug fühlte ich mich wie nach einem Marathonlauf: Müde, kaputt, mir tat alles weh. Da aber nichts außer der Lymphdrainage geplant war, habe ich dann den restlichen Tag geschlafen.
Freitag, 05. Februar 2021 – Tag der Entlassung
Viel gibt es von den letzten Tagen nicht zu berichten. Die Tage waren davon geprägt gewesen, einigermaßen schmerzfrei und mobilisiert zu werden. Zum Glück hatte sich meine Psyche auch etwas gebessert. Doch viele Fragen schwirrten auch jetzt noch unbeantwortet in meinem Kopf…
Wird es mit einer Prothese klappen?
Komme ich weiterhin im Alltag zurecht?
Doch die allerwichtigste Frage für mich ist: Wann werde ich meine Fitness wieder zurück haben und schaffe ich es, im April meinen ersten Lauf zu bestreiten? – Ja, ihr habt richtig gehört…
Nur etwas mehr als eine Woche nach meiner Operation durfte ich das Spital verlassen. In den letzten Tagen hatte ich immer vormittags meine Therapie: in der Physiotherapie über den Flur gehen, als Abschluss auf dem Balkon frische Luft tanken und Lymphdrainage.

Mein Krankentransport nach Hause war für den Mittag geplant, so gegen 13.00 Uhr. Warum aber ein Transport? Ich darf noch nicht viel sitzen. Und wenn ich ehrlich bin, funktioniert es auch noch nicht, zieht sich doch eine gut 20 cm lange Narbe über den kompletten Stumpf, genau über die Stelle, auf der ich sitzen würde.
Der Transport traf pünktlich ein: Ich freute mich auf zuhause, wobei mein Aufenthalt im Spital – dem Personal sei dank – sehr angenehm gewesen war. Doch zu Hause ist es definitiv etwas anderes. Man kann sich seinen Tag so einteilen, wie man möchte…
Nach einer Fahrt von rund 30 Minuten war ich zu Hause angekommen und habe ich dann – verrückt wie ich bin – meine Sachen ausgepackt und sortiert. Die nächste Zeit muss ich mich aber weiterhin viel schonen und liegen, denn jeglicher Druck auf die Narbe soll vermieden werden.
Wie es mir weiter ergeht, werde ich in meinem nächsten Beitrag schreiben. Und natürlich freue ich mich über Eure Kommentare…
Liebe Sigrun,
Finde wie du alles meisterst volle bewundernswert. Wenn ich dein Tagebuch lese, glaube ich dass ich meine Geschichte lese nur mit einer anderen Grunderkrankung.
Bin trotz meiner total sportlich unterwegs und gehe mit meiner Behinderung ganz offen um.
Verfolge dich auf Instagram und muß echt sagen gewaltig.… weiter so 💪.
Und vielleicht sieht man sich mal da ich öfters in der Steiermark bin.
GLG
Anita
Liebe Sigrun,
ich finde Dich sehr, sehr bewundernswert, wie Du Deine schlimme Situation beschreibst und wie positiv Du doch immer wieder wirkst. Ich wünsche Dir weiterhin ganz viel Kraft, weiterhin gute Genesung, damit Du recht bald, wie von Dir gewünscht, eine prothetische Versorgung erhältst. Ich freue mich auf Deine weitere gelungene Berichterstattung. Fühl Dich gedrückt.
Mit sonnigen Grüßen
Markus
Bis ich meine Prothese bekomme, wird noch etwas dauern. Man rechnet ca. drei Monate nach Wundheilung.
LG
Du hast recht eine so großartige und tolle Frau 👍 du schaffst alles was du willst, weil du so positiv bist und denkst. Ich bin froh, dass ich dich auf fb gesehen habe. Deine Beiträge sind einfach lesenswert. Ganz toll 💐💐💐
Danke dir. Ja, ich versuche meine positive Einstellung weiter zugeben.
LG
Hallo Sigrun!
Durch deinen FB-Eintrag in der Bastelgruppe bin ich auf dich aufmerksam geworden. Eigentlich auch nur aufgrund des Kommentars eines anderen FB-Mitgliedes, welches dein Profil durchstöbert hat. Irgendwie wurde ich da neugierig. Und so bin ich letztendlich hier gelandet.
Ich bin schwer beeindruckt. Du musst eine wunderbare Frau sein. Eine verdammt starke Frau. Trotz der emotionalen Talfahrten. Denn du kämpfst immer weiter, stehst ein ums andere Mal auf, wie ich deinen Schilderungen entnehmen kann.
Als du von denen Überlegungen geschrieben hast, was andere denken könnten und dass es dir ja eigentlich egal sein sollte, musste ich lächeln. So sind wir Menschen meist. Das habe ich schon so oft beobachtet (und selbst empfunden).
Obwohl du weißt, wie stark du bist, was du schon alles überwunden hast und dass es auf ganz andere Dinge ankommt, ist da dieser Wunsch, von anderen nicht aufgrund eines kurzen Blickes bewertet zu werden.
„Laufe erst einmal in meinen Schuhen, blicke durch meine Augen und fühle mit meinem Herzen, ehe du dir eine Meinung über mich bildest.“
Ein wenig habe ich mir diese Aussage zum Mantra gemacht, wenn ich mich mal wieder unsicher fühle, was andere über mich denken könnten.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute, dass du deinen Feind endlich besiegt hast und zukünftig dein Glück (im Unglück) voll auskosten kannst.
Ich danke dir für deinen doch sehr berührenden Kommentar. Während ich ihn gelesen habe, lief es mir kalt den Rücken runter, so überwältigt bin ich.
LG